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Vom Rauchen und Fensterln. Wann ist man versichert?

18.02.2022

Seit ich 16 Jahre alt bin, bekomme ich eine kleine Rente. Weil ich im Betrieb meines Vaters einen Arbeitsunfall hatte. Ich habe mir einen Zahn einer Kreissäge durchs rechte Auge geschossen. Die Berufsgenossenschaft hat sämtliche Kosten für Krankenhausbehandlungen übernommen – weit über 100.000 D-Mark – und eine kleine Rente wegen dauerhafter Beeinträchtigung des Sehvermögens. Die bekomme ich lebenslang.

Ob der junge Mann, der vor einigen Tagen vom Dach fiel, wenigstens auch in den Genuss einer solchen Leistung der Berufsgenossenschaft kommt, ist fraglich. Denn die Haftung ist kompliziert. Auf dem Weg in die Kantine ist man unfallversichert, auf dem Arbeitsweg selbst nicht. In der Kantine selbst oder auf der Personaltoilette nicht. Nun war der junge Mann auf einem Seminar in einer Jugendherberge. Sein Ausbildungsbetrieb hatte ihn dorthin geschickt. Nächtens wollte er über das Dach ein anderes Zimmer erreichen. Die junge Frau, die in diesem übernachtete, war ebenso Seminarteilnehmerin. Der junge Mann fiel 8 Meter in die Tiefe und musste in der Folge mehrmals operiert werden. Die Berufsgenossenschaft lehnt alle Ansprüche ab. Der Weg übers Dach zu einem nächtlichen Vergnügen ist durch die BG nicht unfallversichert. Das Landessozialgericht widerspricht. Es verweist auf gruppendynamische Prozesse und altersbedingte Unreife. Das Verhalten des Mannes sei zwar in hohem Maße vernunftwidrig. Aber es bestehe ein „innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit.“ Auf dem Weg zur Raucherpause zum Beispiel besteht der nicht. Rauchen ist Privatvergnügen und dient nicht zur Erhaltung der Arbeitskraft. Aber fensterln schon? Bleibt die Frage, worin die jungen Leute ausgebildet werden.