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  • Mahler Meint
  • Kommentar

Selbstbestimmt leben – selbstbestimmt sterben.

27.02.2020

2015 wurde der § 217 StGB eingeführt, der die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe stellt. Als geschäftsmäßige Sterbehilfe galt dabei schon die wiederholte Sterbehilfe, auch wenn es dabei nicht um Bezahlung ging. Gestern kippte das Bundesverfassungsgericht den Paragraphen 217. Das bedeutet, dass Sterbehilfevereine und Ärzte sterbewilligen Patienten Medikamente zur Selbsttötung zur Verfügung stellen dürfen, ohne sich dabei strafbar zu machen. Verabreichen von Betäubungsmitteln hingegen ist weiterhin unter Strafe gestellt. Beihilfe zum Suizid ist etwas anderes als die Tötung auf Verlangen. Damit hat eine Gruppe von Ärzten, Sterbehelfern und Schwerkranken mit ihrer Verfassungsbeschwerde Recht bekommen. Das Selbstbestimmungsrecht Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes kommt auch in Fragen der Beihilfe zum Suizid jetzt zum Tragen. Was bedeutet dieses Urteil? Es bedeutet, dass moralische, ethische und religiöse Bewertungen des Suizids für ein weltanschaulich neutrales Strafrecht nicht bindend sein müssen. Es bedeutet aber weiterhin, dass die Sterbebegleitung, beispielsweise in Hospizen und in der Palliativmedizin weiter ausgebaut werden muss, um todkranken Menschen die Angst vor dem Sterben zu nehmen. Und wenn dies trotz aller Bemühungen nicht gelingt, gilt der Satz, der dem Buch von Georg Dietz seinen Titel gab: „Die letzte Freiheit ist das Recht, sein Ende selbst zu bestimmen“. Das ist die Überschrift. Moralische, ethische und religiöse Einwände mögen für bestimmte Personengruppen maßgeblich sein. Es ist aber nicht die Pflicht des Staates, diese Einwände für alle Staatsbürger zur Norm zu erheben.