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  • Mahler Meint
  • Kommentar

Erinnerungskultur – Bösewichter vom Sockel stoßen?

14.06.2020

Keine Erwähnung der Gräueltaten, den die spanische Armada in Mittel- und Südamerika be-gangen hat während der Kolonialisierung. Das hat mich vor vier Jahren erschüttert, als ich im maritimen Museum in Sevilla war. Durch die Unruhen in den USA, die sich am gewaltsamen Tod von George Floyd entzündet haben, ist die Frage der Geschichtsbewältigung ganz neu in den Focus gerückt. Darf man zum Beispiel einem König Leopold II von Belgien Denkmäler bauen, der als Kolonialherr des Kongo 5 Millionen Menschen auf dem Gewissen hat? Soll man Straßen nach Generälen benennen, denen grausame Kriegsverbrechen nachgewiesen wur-den? Oder gar den Klassiker „Vom Winde verweht“ aus dem Streaming Portal HBO Max ver-bannen, weil er angeblich die Sklaverei verherrlicht?

Vorsicht. Geschichte braucht Erinnerung, Kultur braucht keine Zensur. Hier muss gut hingese-hen werden. Der Tod von George Floyd hat der Welt die Augen geöffnet. Die Geschichte des Rassismus wird beleuchtet. Wichtiger noch: es wird hingesehen, wo er auch heute noch Ge-sellschaften prägt. Aber der Streit muss der Unterdrückung gelten, nicht der Kultur. Die Kultur hat die Aufgabe, zu erinnern. An Helden und an Auswüchse des Bösen. Denn „Wer die Ge-schichte nicht kennt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“, sagte der Philosoph George Santayana angesichts der Nazi-Gräuel.

Deshalb: Ja zu den Säuberungen unserer Städte von fragwürdigen, Schurken verherrlichenden Denkmälern und Straßennamen. Wobei auch hier die Wahrheit stets im Auge des Betrachters mit seiner jeweiligen Weltanschauung liegt. Nein zur Zensur der Dokumentation der Ge-schichte in jedweder Form. Ob in Museen, Gedenkstätten, in Film, Literatur, Theater – ja in Kultur jeder Art. Wenn der Streit nicht Unterdrückung gilt sondern der Kultur, werden die Pro-teste gegen Rassismus bald wieder vom Winde verweht.