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Ein Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller
  • Von der Seele reden

Europawahl und ihre Folgen

Von der Seele reden | Folge 605

10.06.2024

Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.

Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de


Die Zunahme an rechtsextremen Wählerinnen und Wählern ist durchaus besorgniserregend, aber der große Erdrutschsieg der Radikalen blieb aus. Zwar wird die AfD ist Ostdeutschland stärkste Kraft, aber in Deutschland insgesamt bleibt sie denn doch bei 15,9 %. Und selbst im Osten der Republik hat die AfD zum Beispiel bei den aktuellen Landratswahlen in Thüringen keinen Kandidaten durchgebracht. Die demokratischen Parteien haben in Deutschland immer noch die Nase vorn: die Ampelparteien gewinnen gemeinsam 31 Sitze im Europaparlament, die CDU/CSU 30 Sitze. Diese Erleichterung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Deutschen nach Alternativen suchen. Das Bündnis Sarah Wagenknecht BSW kam aus dem Stand auf 6,2 %, sicher vor allem zu Lasten ihrer früheren Partei DIE LINKE. Die Freien Wähler wie auch die völlig unbekannte Partei VOLT kommen auf jeweils 3,3 % der Stimmen.

Wer ist VOLT? Volt hat große Visionen, möchte Europa umdenken. Mitgründer Boeselager will mehr Europa und nicht weniger, träumt von den „Vereinigten Staaten von Europa“. Eine paneuropäische Partei, deren Kernziel es ist, die EU weiterzudenken und demokratischer zu machen. Was Boeselager damit meint? „Wir – die Bürger – sollten künftig die europäische Regierung wählen, weil sich nur so die Herausforderungen unserer Zeit lösen lassen“, sagt er. Mittlerweile hat die Partei nach eigenen Angaben mehr als 30.000 Mitglieder in 31 Ländern.

Wie sieht es in anderen europäischen Ländern aus?

Laut den am Montag (10. Juni) veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen kam die FPÖ auf 25,7 Prozent und landete damit knapp vor der konservativen Regierungspartei ÖVP mit 24,7 Prozent. Auf den dritten Platz kam die sozialdemokratische SPÖ mit 23,2 Prozent der Stimmen. Die österreichischen Grünen, die in Wien mit der ÖVP regieren, kamen auf 10,7 Prozent.

Die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) um Marine Le Pen hat ersten Hochrechnungen zufolge die Europawahl in Frankreich mit ca. 34 % klar gewonnen. Die Liste von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Verbündeten landete wie erwartet weit abgeschlagen dahinter mit nur 14 %.

Die Wahlergebnisse in anderen wichtigen EU-Ländern, in denen die Rechten doppelt so viel Stimmen bekamen, wie bei uns die AfD, sind das größere Problem. Diese Entwicklung könnte die Europäische Union nachhaltig gefährden.

Was bedeutet die Wahl bei uns? Wenn zur Bundestagswahl ähnliche Ergebnisse herauskommen, wird das Land nur mit einer Schwarz-rot-grünen Regierung demokratisch zu regieren sein. Hoffen wir, dass Grüne und SPD ihre Kommunikation ändern, die junge Leute mehr darin einbeziehen werden und deutlich machen, wer verhindert hat, dass Menschen mit Niedriglöhnen bei uns weiter ausgebeutet werden dürfen, welche Parteien das Erbrecht, das Superreiche erheblich bevorzugt, ändern wollen, wer die Inflation von 12,6 % in nur 1 ½ Jahren auf 2,3 % reduzieren konnte und vieles mehr. Kanzler Scholz, man höre und staune, ist inzwischen immerhin auch auf TikTok zu finden.

Ich wünsche Ihnen eine glückliche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.