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Ein Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller
  • Von der Seele reden

Auf Ursachen und Wirkung achten

Von der Seele reden | Folge 593

11.03.2024

Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.

Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de


Wir sind schnell dabei, bestimmte Verhaltensweisen zu kritisieren und abzulehnen. Wenn es sich um Kriege und Anschläge handelt, verurteilen wir zu Recht diese heftig. Natürlich muss jede Form der Gewalt abgelehnt und kritisiert werden. Wir fragen uns aber zu selten, wie es zu solchen Taten und Reaktionen kommen konnte. Denn nur aus dem Erkennen der Ursachen und ihrer Wirkung können wir lernen, ähnliche Situationen und Entwicklungen zu verhindern.

Wenn Sie eine Krankheit haben, dann ist das eine Wirkung und es gibt eine Ursache dafür. Es gibt also einen Grund, warum Sie krank sind. Und diesen Grund aufzuspüren und zu beseitigen, ist Teil ihrer Arbeit oder der Arbeit Ihres Arztes, um wieder gesund zu werden. Das praktizieren wir alle. Warum aber fragen wir in so vielen anderen Sachverhalten nicht nach den Ursachen?

So lassen sich die Gründe für Kriege nicht nur auf die Angreifer verkürzen, es stellt sich immer auch die Frage nach dem vor einem Angriff liegenden Verhalten der Angegriffenen oder beteiligter Dritter. Gleiches gilt für politische Reaktionen auf Kriege. Der Bundeskanzler hat gute Gründe, keine Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Scholz hatte mehrfach betont, dass Kriterium für die Lieferung von Waffen immer sei, dass diese eng mit den USA abgestimmt sein müsse, die ebenfalls keine Marschflugkörper lieferten – anders als Frankreich und Großbritannien. Zudem dürfe die Nato selbst nie Kriegspartei werden. Deshalb bilden etliche Nato-Staaten wie auch Deutschland seit Monaten ukrainische Soldaten aus, die dann gelieferte westliche Waffensysteme bedienen. Mit der größeren Reichweite des deutschen "Taurus"-Systems wäre es problemlos möglich, auch Ziele tief auf russischem Gebiet anzugreifen. Vor diesem Szenario schreckt man aktuell offenbar weiter zurück. Zumal die Ukraine zuletzt ihre Drohnenangriffe ausgeweitet hat und auch zivile Ziele in Moskau attackiert wurden. Ich möchte die jetzigen Befürworter sehen, wenn russische Drohnen Bomben auf Berlin abwerfen. Bei aller Einigkeit, dass Putin den Krieg verlieren sollte. Aber auch über den Ukraine-Krieg hinaus gilt es, dass Ursachen-Wirkung-Prinzip zu beachten.

Bei aller Abscheu über antisemitische Vorfälle bei uns, es muss dennoch gesagt werden dürfen, dass die israelische Siedlungspolitik den Boden für die Hamas bereitet hat. So widerlich die Angriffe der Hamas auch waren und sind.

Weitere Beispiele sind das Verhalten der USA und ihrer Verbündeten. Sie unterstützten schon immer diktatorische Gewaltherrscher, die in Ungnade fielen, wenn sie ihre eigenen Wege gehen wollten. Sie wurden aber nicht durch demokratische Strukturen ersetzt, sondern durch ebensolche Autokraten. Dabei folgt die Politik der USA gegenüber Volksaufständen immer wieder gleichen Richtlinien: Genehme Diktatoren müssen so lange unterstützt werden, wie sie die Kontrolle über ihr Land behalten. (Beispiel: die großen Ölstaaten) Wenn das nicht mehr möglich ist, lass sie fallen und versuche, das alte Regime so vollständig wie möglich wiederherzustellen (etwa in Tunesien und Ägypten). Man kennt das allgemeine Muster der USA aus vielen Ländern: Somoza, Marcos, Duvalier, Mobutu, Suharto und so fort. Das berichtete die New York Times am 14.10.2014 in einem Leitartikel und bezog sich auf eine Analyse des CIA. Gilt es in der politischen Kultur des Westens als selbstverständlich, dass die Führungsnation USA kriegerische und terroristische, allemal nicht rechtsstaatliche Methoden anwenden darf, um die Freiheit, die sie meinen, und den Wohlstand, an den wir uns gewöhnt haben, zu verteidigen?

Die Betonung, es handle sich um einen gerechten Krieg ist immer nur die Rechtfertigung eigenen Schuld. Es gibt keinen gerechten Krieg!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche und segensreiche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.