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Ein weises Herz gewinnen ...

04.11.2021

Der Herbst hat das so an sich. Trüb ist es und regnerisch. Draußen kann man das Sterben der Natur beobachten – und weiß doch, dass im Frühjahr alles wieder anfängt zu blühen und zu leben. Der Herbst hat das so an sich. Es ist die Zeit des Abschieds und der Erinnerungen. Nicht umsonst gibt es zum Ende des Kirchenjahres den Ewigkeitssonntag und den Volkstrauertag. Ich lese gerade ein interessantes Buch. „Sieben Heringe“ heißt es, der Hörfunkjournalist Jürgen Wiebicke hat es geschrieben. Untertitel: „Meine Mutter, das Schweigen der Kriegskinder und das Sprechen vor dem Sterben.“ Dieses Genre hat ja gerade Konjunktur, die Bücher „Kriegskinder“ und „Kriegsenkel“ in allen Schattierungen stehen seit Jahren auf den Bestsellerlisten. Meine Frau findet beim Aufräumen Tagebuchaufzeichnungen über die letzten Begegnungen mit ihrem Vater. Und auch ich denke viel an meine Eltern, die früh gestorben sind und andere Menschen, die auch zu früh gehen mussten. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir ein weises Herz gewinnen“ heißt es in Psalm 90. Weise werden bedeutet, das Leben, das einem noch bleibt, sinnvoll und wertvoll zu gestalten. Keiner von uns weiß, wie lange es noch dauert, bis er oder sie dieses Leben beendet. Ob unsere Eltern in dem Bewusstsein gelebt haben, dass sie sterben müssen? Ich kann das nicht beantworten. Ich kann mich aber für mein Leben entscheiden, diese Weisheit anzunehmen. Und damit jeden Tag meines Lebens, der mir noch bleibt, als wertvollen Tag gestalten.