Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.
Montag, Mittwoch und Freitag, um 10:45 Uhr und 20:45 Uhr. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de
Die katholische Kirche schafft sich in Europa selbst ab
Hochmut kommt vor dem Fall. Die katholische Kirche schafft sich selbst ab. Die Kluft zwischen den geweihten Amtsträgern und den engagierten Laien wird immer größer. Hier kommen die Skandale der vergangenen Jahre ins Spiel, welche die katholische Kirche in unserer Gesellschaft einer gigantischen Krise aussetzen. Diese Missbrauchsskandale haben die Kirche ihrer Glaubwürdigkeit beraubt. Man hört ihr und ihren Argumenten allein darum nicht zu, weil sie von katholischer Seite kommen. Die Kirche hat die Strafverfolgung solange hinausgezögert, dass inzwischen viele Täter verstorben sind und ein Großteil der Taten zwischenzeitlich verjährt ist. Staatsanwälte haben auch viel zu lange verhängnisvolle Rücksicht genommen.
Eine völlige Aufklärung der Skandale müsste das Amtsverständnis der Priester revolutionieren und den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt ebenso beenden wie den Zölibat. Papst Franziskus gibt sich antikapitalistisch, antirassistisch und vertritt sozialpolitisch linke Positionen, täuscht Unnachgiebigkeit vor in Bezug auf die kriminellen Taten seiner Priester und Bischöfe an Kindern. Aber er stellt keine Öffnung der Kirche gegenüber verheirateten Priestern in Aussicht. In seiner Antwort auf die Bischofssynode in Amazonien verkündete er jetzt, Frauen könnten ihren Beitrag in der Kirche auf andere Weise erfüllen, auch in Führungspositionen, aber nicht als Priesterinnen. Ich frage mich, wie dieser Widerspruch zu erklären ist. Entweder kann sich der Papst gegen die erzkonservativen Bischöfe und Kardinäle im Vatikan nicht durchsetzen und versucht mit seinem schier grenzenlosen Wortreichtum und einem Mangel an sprachlicher und inhaltlicher Präzision den Konflikt zwischen Reformern und Ewiggestrigen zu beschwichtigen, oder er übt sich mit seinen „rotgrünen Äußerungen und Enzykliken“ als Marketingprofi, weil er weiß, dass die Gläubigen Veränderungen wollen. Wenn die katholische Kirche diesen Widerspruch nicht auflöst, wieder ehrlich und glaubwürdig wird, werden die Kirchenaustritte zu Recht weiter bedrohlich steigen und die Kirche sich im Ergebnis in Europa selbst abschaffen.
Ich wünsche Ihnen einen glücklichen Tag, und bleiben Sie achtsam.