Ihr werdet allezeit Arme unter Euch haben

Mahler meint am 20.02.2015
 
 
In der Regel gab Jesus schlaue Kommentare ab. Tiefgründig, philosophisch und psychologisch oft. Auf eine Feststellung seiner Schüler reagiert er erstaunlich lapidar. Als ihm eine Prostituierte einmal die Füße mit einem sauteuren Nardenöl salbt, dem Chanell No.5 der Antike sozusagen, da rüffeln ihn die Jünger ob der Verschwendung. „Ihr werdet allezeit Arme unter Euch haben“ sagt der lapidar. Was würde er, der ansonsten das Thema Arm und Reich zugunsten der Armen zur Chefsache erklärt hatte, wohl zum Bericht des paritätischen Wohlstandsverbandes sagen, wonach 15,5 Prozent der Deutschen arm sind? Wobei – das, was Jesus sagt, ist eine Feststellung, keine Wertung. So ist der Lauf der Welt. Also: können wir das auch so sagen, heute, in Deutschland 2015?
Nicht, wenn wir uns die Zahlen ansehen: arm ist, wer 892 € im Monat zur Verfügung hat, für eine vierköpfige Familie liegt die Grenze zum Elend bei 1.873 €. Das ist verdammt wenig zum Leben, von ein bisschen Luxus mal ganz abgesehen. Nicht, wenn wir uns die Verteilung ansehen: Alle fünf östlichen Bundesländer und auch die Stadtstaaten Bremen und Berlin sind abgeschlagen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg sind reich.
Nicht, wenn wir uns die weiter boomende deutsche Export-Wirtschaft anschauen.
Und vor allen Dingen nicht, wenn wir uns eine Jahreszahl ansehen: So schlimm war es seit 1990 nicht mehr. 1990? Da war doch was. Ach ja, da kamen die runter gewirtschafteten Länder der DDR dazu. Blühende Landschaften und so weiter. 25 Jahre nach der Wende muss man den Aufbau Ost immer noch kritisch betrachten. Wie sagte mir der CDU-Bezirksvorsitzende Friedrichshain-Kreuzberg Kurt Wansner gestern im Interview? Irgendwann werden wir Bayern nicht mehr um Geld fragen müssen. Meine Zuversicht in dieser Sache hält sich in Grenzen.
 
 

Ihr werdet allezeit Arme unter Euch haben
Ihr werdet allezeit Arme unter Euch haben bewerten:
1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars
3,00 von 5 Punkten, basierend auf 2 abgegebenen Stimmen.
Loading...