Reformationstag
Von der Seele reden
03.11.2025
Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.
Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de
Was haben Sie am Reformationstag gemacht?
Am 31. 10. war Reformationstag. Wissen Sie noch, worum es dabei ging? Oder haben Ihre Kinder Sie mit Halloween in Atem gehalten? Aber auch ohne Halloween hätte die Reformation sicher keine zentrale Rolle bei Ihnen an diesem Tag gespielt. Auch wenn es vor mehr als 500 Jahren eine sehr wichtige Änderung in der damaligen Gesellschaft gab, die bis heute anhält. Evangelische Christinnen und Christen gedenken Martin Luthers Thesenanschlag in Wittenberg im Jahr 1517. Damals brachte der einstige Mönch und Theologieprofessor Martin Luther 95 Thesen in Umlauf, wehrte sich gegen die vorherrschende Praxis des Ablasshandels. Luther lehnte es ab, dass man sich von seinen Sünden freikaufen konnte. Diese Auseinandersetzung führte letztendlich zur Trennung der Kirchen zunächst in die römisch-katholische und die evangelische Kirche.
Was unterscheidet die Kirchen? Katholik/innen knien manchmal im Gottesdienst, sie bekreuzigen sich mit Weihwasser, sie beten den Rosenkranz, gehen zur Beichte, nehmen an einer Wallfahrt teil und verehren Heilige. Bei den Evangelischen ist alles nüchterner mit einem Schwerpunkt auf der Predigt. Pfarrer oder Pfarrerinnen tragen einen schwarzen Taler, anders als katholische Geistliche mit ihren farbigen liturgischen Gewändern. Das aber sind Äußerlichkeiten.
Das Papstamt ist so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt katholischen Selbstverständnisses. Die evangelischen Kirchen richten sich stattdessen nicht auf ein zentrales Oberhaupt aus. Das ist für mich der entscheidende Unterschied: Die evangelische Kirche ist so gesehen demokratischer, nicht an eine Obrigkeit gekoppelt. Die Priester/innen stehen den Gläubigen auf Augenhöhe gegenüber. Um viele Kirchenmitglieder in das Gemeindeleben mit einzubeziehen, muss eine Menge passieren, das aktuellen Bezug hat. Bei den Verwandten meiner Frau hingegen, die katholisch sind, erlebe ich, dass sie regelmäßig am Sonntag recht widerwillig in die Kirche gehen, aber das gehöre eben zur ländlichen Idylle dazu, sagen sie.
Der Glaube ist wie die Liebe, man glaubt an biblische Inhalte, wie an die Zuneigung der Partnerin oder des Partners, ohne hinreichend Beweise für die Wahrheit des Geglaubten zu haben. In der Partnerschaft möchte man aber immer wieder kleine Beweise für die Liebe erhalten und vor allem auch Hilfe und Unterstützung, wenn es uns schlecht geht.
Genau das erwarte ich von meiner Kirche. Es hilft mir nichts, wenn mir Priester und Priesterinnen mit überkommenen Konventionen und gebetsmühlenartigen Floskeln die Lebenszeit stehlen. Kirche muss Antworten auf die Probleme von heute geben. Und genau da sehe ich die evangelische Kirche auf dem richtigen Weg. Und ich bin Martin Luther dankbar, dass er Schluss mit christlicher Heuchelei gemacht hat.
Ich wünsche Ihnen eine Woche in Geborgenheit, aber bitte bleiben Sie achtsam.