Gott ist das, was wir nicht wissen
Von der Seele reden
13.08.2025
Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.
Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de
Gott ist alles, was wir nicht wissen
Meine fünfjährige Tochter fragt mich: „Papa, wer ist Gott?“ Ich antworte: „Gott ist alles, was wir nicht wissen.“ „Was wissen wir denn nicht?“ fragt sie nach. Das Bedeutendste, das wir nicht wissen, ist, ob es ein Leben nach dem Tode gibt und wie dieses aussehen wird. Früher war vom Jüngsten Gericht die Rede, vor dem Ungläubige in die Hölle verbannt wurden.
Heute sagen die einen, wir sterben ins Nichts hinein, in die ewige Ruhe. Meine Mutter verherrlichte die ewige Ruhe am Tag vor ihrem Tod im 90. Lebensjahr: „Das ist es, wonach ich mich jetzt sehne.“ Der bekannte Theologe Hans Küng konnte dieser Einstellung den Respekt nicht versagen, „und es sind nicht die geringsten Geister der Menschheit gewesen, die sich für diese Antwort entscheiden haben.“ Küng will aber lieber in Gott hineinsterben. „Ich kann mich also in durchaus vernünftigem Vertrauen darauf verlassen, dass ich – wie Jesus von Nazareth – im Tod, mit dem Tod, aus dem Tod in Gott hineinsterbe. Besser: Von ihm aufgenommen werde. Denn der Tod ist meine Sache, die Auferweckung zum Leben kann nur die Sache Gottes sein“, sagt Küng.
Aber wie sieht das Leben nach dem Tod aus? Papst Benedikt, der sicher ein hervorragender Theologe war, räumt auf mit der Mär, dass ein Individuum seinen körperlichen Tod überdauern kann. „Die Auferstehung des Fleisches ist nicht die Auferstehung der Körper. Der paulinische Entwurf ist weit weniger naiv, als die spätere theologische Gelehrsamkeit mit ihren subtilen Konstruktionen über die Frage, wie es ewige Körper geben könne. Der wahre Christ glaube nicht an eine private Seligkeit, sondern an das Ganze“, predigte der „deutsche Papst“. Küng kommt zu dem Schluss; „Das Eingehen zu Gott ist das Nicht-zu Erwartende und Nicht-zu-Erweisende, wohl aber das im Glauben zu Erhoffende.
Und wie gelingt es so vielen Menschen zu glauben? Der Theologe Josef Imbach vergleicht den Glauben mit dem Liebesschwur, der das Leben eines Menschen grundlegend verändern kann, ohne dass es den Beweis für den Wahrheitsgehalt des Schwures gibt.
Mir ist egal, was nach meinem Tode mit mir passiert. Ich bin da in froher Erwartung. Ich weiß aber, dass wir nicht alles wissen können und es deshalb eine höhere Macht geben muss, die auch ich Gott nenne. Darum ist Gott für mich alles, was wir nicht wissen. Und ich habe auch oft den Heiligen Geist gespürt, wenn mir etwas gelang, wozu ich eigentlich nicht in der Lage war. Das Unverhoffte ist für mich Teil einer höheren Bestimmung.
(Bei der Wiedergeburt halte ich mich mehr an die Atomisten. Die Atomisten waren eine Gruppe vorsokratischer Philosophen, die annahmen, dass die Welt aus unteilbaren, kleinen Teilchen, den Atomen, besteht, die sich in einem leeren Raum bewegen und sich zu größeren Strukturen zusammenschließen. Und so können auch unsere Atome wieder neu mit anderen zu etwas Größerem werden. Aber auch das wird eine übermenschliche Macht, die wir Gott nennen, beeinflussen.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche, aber bitte bleiben Sie auch im Glauben achtsam.